Da eine Pflegeeinrichtung die Betreuung der Bewohnerinnen und Bewohner rund um die Uhr gewährleisten muss, gehört Schichtarbeit zum Alltag der Beschäftigten. Man spricht bei einer ununterbrochenen 24/7-Abdeckung auch von einem vollkontinuierlichen Schichtmodell.
In der Regel erfolgt die Arbeit im Dreischichtbetrieb mit Früh-, Spät- und Nachschicht, der unterschiedlich ausgestaltet sein kann.
Belastungen durch Schichtarbeit
Generell ist Schichtarbeit belastender für Körper und Geist als die Standardform mit einer regelmäßigen Arbeit ohne Nachtarbeit, da sie den Körper „aus dem Takt bringt“. Insbesondere wird der Schlaf-Wach-Rhythmus gestört, was wiederum Einfluss auf viele Regenerations- und Reparaturprozesse des Körpers hat. Insbesondere Ein- und Durchschlafprobleme werden von Schichtarbeitenden berichtet, was wiederum Erschöpfung, chronische Übermüdung, depressive Stimmungen und auch Burnout zur Folge haben kann. Zudem wird der Schichtarbeit ein erhöhtes Risiko für Herz- und Kreislauferkrankungen zugeschrieben.
Problematisch ist darüber hinaus, die Work-Life-Balance aufrechtzuerhalten, da die asynchronen Arbeitszeiten sowohl das Familienleben als auch andere soziale Kontakte in Mitleidenschaft ziehen können. Auch erschwert die Schichtarbeit die Teilnahme an regelmäßigen Terminen, z. B. in Sportvereinen. Hinzu kommt ein erhöhtes Unfallrisiko in der Nacht.
Einflussmöglichkeiten des Dienstplans
Die Wahl der Schichtfolge hat einen großen Einfluss auf die Belastung durch die Schichtarbeit. Hierzu gibt es eine Vielzahl von Studien, aus denen sich folgende arbeitswissenschaftliche Empfehlungen ableiten lassen:
Nachtdienste
Keine dauerhaften Nachtarbeitsplätze schaffen.
Maximal drei Nachtdienste hintereinander planen.
Personen über 50 Jahre nur in Ausnahmefällen im Nachtdienst einsetzen – und mit längeren Erholungszeiten.
Schichtwechsel
Vorwärts und schnell rotierende Schichtsysteme: zum Beispiel zweimal hintereinander früh, zweimal spät, zweimal Nacht, zwei Tage frei.
Ungünstige Wechsel von Nacht- zu Frühschichten vermeiden.
Wünsche der Beschäftigten bei der Dienstplangestaltung berücksichtigen.
Schichtpläne für die Beschäftigten frühzeitig aufstellen und möglichst nicht kurzfristig ändern, um diesen eine möglichst langfristige Planbarkeit ihrer Freizeit zu ermöglichen.
Erholungszeiten
Für mindestens elf Stunden Ruhezeit zwischen zwei Schichten sorgen (verpflichtend laut § 5 Abs. 1 ArbZG, mit Ausnahmen aus § 5 Abs. 2).
Nach einer Nachtdienstphase mindestens zwei freie Tage einrichten.
Mindestens einen freien Abend unter der Woche und einen freien Tag am Wochenende einplanen.
Besser ganze freie Wochenenden statt einzelner freier Tage ermöglichen.
Einzelne Arbeitstage zwischen freien Tagen vermeiden.
Maximal fünf bis sieben Arbeitstage hintereinanderlegen.
Ein Zurückholen von Beschäftigten aus der Freizeit vermeiden.
Schichtzeiten
Frühdienste sollten möglichst spät beginnen (nicht vor 6 Uhr, besser noch später).
Spätdienste sollten möglichst früh enden (möglichst bis 22 Uhr, an Wochenenden besser noch früher).
Nachtdienste sollten möglichst früh enden (bis 6 Uhr).
Wenn möglich, flexible Anfangszeiten anbieten.
Für alle Schichten – auch nachts – klar definierte Pausen einplanen.
Überstunden vermeiden.
Tätigkeitsverteilung
Körperlich schwere oder fehlerkritische Aufgaben nach Möglichkeit tagsüber erledigen lassen.
Nachts (insbesondere zwischen 2 und 4 Uhr) keine aufmerksamkeitsintensiven Tätigkeiten ausführen lassen.
Einflussmöglichkeiten seitens der Beschäftigten
Auch der Umgang der Beschäftigten mit den Chancen und Risiken hat einen Einfluss auf die Belastungen, die durch Schichtarbeit entstehen.
Das betrifft beispielsweise den bewussten Umgang mit dem Schlafen bei Nachtschichten. Hier können regelmäßige Rituale, Entspannungsübungen und ein Abschirmen der Schlafstelle gegen Licht und Geräusche zu einem besseren Schlaf beitragen. Wichtig ist auch eine bewusste Ernährung, im Rahmen derer zum Beispiel Hauptmahlzeiten immer tagsüber eingenommen werden und im letzten Drittel der Nachtschicht auf Koffein verzichtet wird. Auch sollte nicht hungrig ins Bett gegangen, aber direkt vor dem Schlafengehen auf üppige Mahlzeiten verzichtet werden. Weitere Maßnahmen, die Belastungen der Schichtarbeit, insbesondere der Nacharbeit, verringern helfen: Viel Bewegen, auch draußen, um Tageslicht zu tanken und die freie Zeit aktiv zur Erholung zu nutzen und bewusst zu genießen.
Schichtübergaben
Ein Mehrschichtbetrieb impliziert systembedingt regelmäßige Übergaben zwischen den einzelnen Schichten, verbunden mit einer Vielzahl möglicher Reibungsverluste. Klar definierte Prozesse, sorgfältige Dokumentationen und eine Berücksichtigung im Dienstplan mit entsprechenden Zeitpuffern sind hierbei für einen reibungslosen Ablauf unabdingbar.
Andere Schichtmodelle
Neben dem typischen 3-Schicht-Betrieb gibt es eine Vielzahl weiterer Schichtmodelle, die alle unterschiedliche Vor- und Nachteile aufweisen. Hier einige Beispiele:
Das 7/7-Modell
Statt täglich 8 Stunden arbeiten die Beschäftigten sieben Tage in Folge jeweils 10 Stunden, verbunden mit einer zusätzlichen Pausenzeit von zwei Stunden. Anschließend haben sie sieben Tage lang frei. Die sonst üblichen drei Schichten werden dadurch durch einen längeren Tag- und einen längeren Nachtdienst ersetzt. Vorteile: Es entfällt eine Übergabe, zugleich werden die Bewohnerinnen und Bewohner den ganzen Tag über von den gleichen Pflegerinnen und Pflegern betreut, zudem ist die Erholungszeit deutlich länger. Nachteil: Die höhere Belastung durch die längere tägliche Arbeitszeit, die lange Arbeitszeit von sieben Tagen ohne Pause sowie ein höherer Personalbedarf durch die längeren Pausen.
Das 6-Stunden-Modell
Dieses Modell entspricht dem klassischen 3-Schicht-Modell, setzt aber auf eine kürzere tägliche Arbeitszeit. Vorteil: Durch die verkürzte Arbeitszeit werden die Beschäftigten entlastet. Nachteile: Die Gehaltsfrage muss geregelt werden, zudem wird mehr Personal benötigt und es gibt häufigere Wechsel sowie häufigere Übergaben.
Das 50/50-Modell
Bei diesem Modell arbeiten die Beschäftigten ein halbes Jahr und haben anschließend ein halbes Jahr frei. Vorteil: Gerade junge und flexible Beschäftigte könnten angesprochen und auch im Beruf gehalten werden. Nachteile: Je nach Ausgestaltung des Arbeitshalbjahres (Mehrarbeit oder nicht) kommt es zu mehr oder weniger hohen Gehaltseinbußen, dazu leidet die Konstanz im Team und es wird mehr Personal benötigt.
Das 3+3-Modell
Bei dieser Variante folgen auf drei Tage Arbeit jeweils drei Tage frei. In Schweden wird dieses Modell bereits praktiziert. In einer Variante arbeiten die Beschäftigten 85 Prozent bei vollem Gehaltsausgleich. Dafür entfallen Wochenendzuschläge. Berichtet wird eine Reduktion von mehr als 50 Prozent der Überstunden, 40 Prozent weniger Krankheitstagen und weniger Kündigungen.
Variation der täglichen Arbeitszeit
Die wöchentliche Arbeitszeit von zum Beispiel 38,5 Stunden kann auf unterschiedliche viele Tage verteilt werden. Das führt bei einer 5-Tage-Woche zu 7,7 h/Tag, bei 5,5 Tagen zu 7,5 h/Tag und bei 6 Tagen zu 6,4 h/Tag. Durch die unterschiedliche Anzahl an Arbeitstagen variiert hierbei auch die Zahl der Urlaubstage und die Zahl der freien Tage.