Zielführende Kommunikation
Stand: 05/2025

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Regeln für eine zielführende Kommunikation

Missverständnisse

Beschwerden resultieren häufig aus Missverständnissen, die auch durch die Art der Kommunikation entstehen können. Nach dem „Vier-Ohren-Modell“ von Schulz von Thun schwingen bei jeder Aussage immer gleichzeitig Botschaften auf vier Ebenen mit:

  • Sachebene (welche Sachinformation wird kommuniziert)
  • Selbstkundgabeebene (was gibt die Senderin oder der Sender von sich an Informationen preis)
  • Beziehungsebene (was hält die Senderin oder der Sender vom Empfänger)
  • Appellebene (was möchte die Senderin oder der Sender erreichen)

So kann beispielsweise die Frage des Angehörigen, ob seiner Mutter heute schon die Haare gewaschen wurden, einfach nur Interesse beinhalten, gleichzeitig aber auch durch die Art des Fragens darauf hinweisen, dass die Angehörige oder der Angehörige genervt ist oder davon ausgeht, dass das sowieso nicht geschehen ist. Als Appell könnte mitschwingen, dass das Haarewaschen nicht vergessen werden soll.

Zwischen dem, was die Angehörige oder der Angehörige gemeint hat und dem, was die Pflegekraft hineininterpretiert, kann es große Unterschiede geben. Ein Wissen um die vier Ebenen und deren Berücksichtigung hilft unter Umständen, Konflikte zu entschärfen oder gar nicht erst entstehen zu lassen.

Einflussfaktoren auf die Kommunikation

Unter anderem können folgende Faktoren die Kommunikation seitens der Angehörigen beeinflussen:

  • Anspruchshaltung („Wir zahlen viel Geld und erwarten dafür eine entsprechende Gegenleistung.“)
  • Unwissenheit („Welche medizinisch-pflegerischen Maßnahmen sind sinnvoll und notwendig?“)
  • Distanzierung (eventuell wurde die Pflege vor der Heimaufnahme von den Angehörigen selbst übernommen)
  • Pflichtbewusstsein („Ich habe die Pflicht, dafür zu sorgen, dass es meiner Mutter an nichts fehlt.“)
  • Trauer (Ende eines Lebensabschnitts)
  • Unsicherheit/schlechtes Gewissen („Hätte ich die Pflege nicht auch zu Hause leisten können?“)
  • Subjektives Belastungsempfinden („Es belastet mich, nicht mehr tun zu können.“)

Handlungsempfehlungen

  • Zuhören: Bei Beschwerden ruhig und zurückhaltend verhalten, erkennbar zuhören und das Gegenüber ausreden lassen. Manchmal ist es am wichtigsten für die Angehörigen, den eigenen Ärger einfach loszuwerden.
  • Ernst nehmen und erklären: Die Gründe für angesprochene Missstände erklären und Anknüpfungspunkte für ein Gespräch darüber anbieten. Bei Bedarf auch erklären, warum sich manche Forderungen nicht erfüllen lassen.
  • Offenheit: Fehler offen zugeben und sich entschuldigen, niemand ist fehlerfrei.
  • Verlässlich sein: Konsequent an getroffene Abmachungen und Absprachen halten.
  • Perspektivenwechsel: In das Gegenüber hineinversetzen und die Dinge aus dessen Sicht betrachten, dabei dessen Belastungen und Sorgen thematisieren und berücksichtigen; gleichzeitig dafür werben, auch die eigene Perspektive zu sehen.
  • Verständlichkeit: Klar, eindeutig und ohne Fachvokabular kommunizieren.
  • Aktiv zuhören: Gehörtes mit eigenen Worten wiederholen, um das Gehörte zu verifizieren und Interesse zu zeigen.
  • Nachfragen: Bei pauschalen Aussagen nachfragen, zum Beispiel nach einem konkreten Beispiel.
  • Nicht persönlich nehmen: Nicht alle allgemeinen Kritikpunkte automatisch auf sich beziehen.
  • Teilhabe anbieten: Nach konkreten Verbesserungsvorschlägen fragen und gemeinsam besprechen, was davon realistisch umsetzbar ist. Angehörigen anbieten, sich aktiv zu beteiligen – zum Beispiel an der Vorbereitung von Veranstaltungen etc.

Handlungsanweisung für eskalierende Situationen

Aggressivität bis hin zur Gewalt kommt gerade bei demenziell erkrankten Bewohnerinnen und Bewohnern immer wieder vor. Aber auch Differenzen mit Angehörigen können sich in aggressivem Verhalten entladen.

Selten eskaliert eine Situation von einem Moment zum anderen, fast immer kündigt sie sich im Rahmen einer Kommunikation an. Das gibt der Pflegekraft die Möglichkeit, auf den weiteren Verlauf des Gesprächs Einfluss zu nehmen.

Dafür ist es wichtig, erste Anzeichen von Stress oder Anspannung, wie eine Veränderung von Tonlage und Lautstärke oder ein vermehrtes Unterbrechen, zu erkennen und einzuschätzen. Sind von Seiten des Pflegeheims mehrere Personen involviert, sollte diejenige oder derjenige mit der meisten Erfahrung oder dem besten Kontakt zum Gegenüber die Gesprächsführung übernehmen. Ziel muss es sein, die Emotionen herauszunehmen und zu einer sachlichen und zielorientierten Unterhaltung zurückzukehren („Ich kann verstehen, dass Sie erregt sind, aber ...“). Bewährt hat sich eine ruhige und klare Ansprache mit einfachen und eindeutigen Formulierungen. Zu beachten ist außerdem, dass erregte Menschen eine größere körperliche Distanz benötigen als im Alltag.

Wichtig: Für den Fall, dass die Situation außer Kontrolle gerät, sollte ein problemloser Rückzug möglich sein.

Qualifizierung der Beschäftigten

In psychiatrischen Einrichtungen gehört die Schulung der Beschäftigten zum Umgang mit aggressivem Verhalten zum Standard. Auch in anderen Bereichen wie zum Beispiel dem Rettungsdienst gehören sie zum Alltag und werden zum Teil sogar von Aufsichtsbehörden gefordert.

Solche Angebote gibt es auch, aber längst noch nicht überall in Pflegeeinrichtungen. Dabei gehören Deeskalationsstrategien zur Aus- und Weiterbildung von Pflegekräften unbedingt dazu. Diese reichen vom Erlernen zugehöriger Reflexions- und Kommunikationstechniken bis zum Extremfall der körperlichen Deeskalation. Sinn macht in diesem Zusammenhang auch eine Teamintervision, bei der im Team Lösungen für konkrete Probleme gesucht werden, oder eine Supervision, im Rahmen derer externe Fachleute eingebunden werden.

Nur bei guter Schulung und regelmäßigem Training können Betroffene im Ernstfall schnell und angemessen reagieren. Wichtig: Eine solche Weiterbildung sollte nicht auf einzelne Aspekte wie zum Beispiel „Selbstverteidigungstechniken“ reduziert werden, eine unreflektierte Reaktion in dieser Richtung kann das Problem unter Umständen sogar noch verstärken. Ziel der Interventionen muss stets die körperliche und seelische Unversehrtheit aller Beteiligten sein.

Umgang mit Trauerfällen

Häufiger noch als mit aggressiven Angehörigen werden Beschäftigte im Pflegeheim mit trauernden Angehörigen konfrontiert. Auch dieser Umgang stellt eine Herausforderung für Angehörige und Beschäftigte gleichermaßen dar.

Am wichtigsten ist in diesem Fall das Zeigen von Empathie und Mitgefühl. Dabei sollte möglichst auf allgemeine Floskeln wie „Kopf hoch“, „die Zeit heilt alle Wunden“ oder „das wird schon wieder“ verzichtet werden. Vielmehr geht es vor allem darum, der Trauer Raum zu geben und dem oder der Angehörigen Halt und Anteilnahme zu vermitteln durch aktives Zuhören. Im Mittelpunkt steht dabei stets der Respekt vor der oder dem Verstorbenen.

Natürlich sind auch die Pflegenden selbst betroffen – sie kannten die Verstorbene oder den Verstorbenen und hatten vielleicht selbst eine besondere Beziehung zu dieser Person aufgebaut. Auch das Sprechen darüber kann Teil der gemeinsamen Trauerarbeit mit Angehörigen sein, wobei das nicht deren Bedürfnisse überlagern darf.

Neben emotionalen gehören immer auch organisatorische Komponenten zum professionellen Umgang mit Trauerfällen. Das beginnt damit, Angehörige rechtzeitig über den Gesundheitszustand und den Sterbeprozess zu informieren, um ihnen die Möglichkeit zur Vorbereitung zu geben. Auch sollten sie Gelegenheit haben, in einer geschützten Umgebung in Ruhe Abschied zu nehmen. Hilfreich sind zudem Angebote wie eine Beratung zu Fragen der Beerdigung, aber auch zu Möglichkeiten der psychosozialen Unterstützung wie Trauerbegleitung, Seelsorge oder Selbsthilfegruppen.

Jede Situation und jeder Mensch ist anders. Entsprechend unterschiedlich können Trauerreaktionen seitens der Angehörigen ausfallen – diese können von starker Zurückgezogenheit bis hin zu sehr emotionalen Reaktionen reichen. Es ist wichtig, individuelle Ausdrücke von Trauer zu akzeptieren und zu respektieren. Das gilt insbesondere für religiös bedingte Besonderheiten.

Weitere Informationen:

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